Jeder Mensch hat eine Geschichte. ​
Meine Berufung ist es, sie zu erzählen.

Alexandra Inniger
Freie Journalistin

Lieblingsgeschichten:
«Ich kann nicht sterben, bevor der Pullover fertig gestrickt ist»
Käthi Brand ist 95 Jahre alt und voller Lebensenergie. Ihr Geheimnis? Immer eine Aufgabe zu haben.
Käthi Brand sitzt auf dem Sofa und blättert ihren Terminkalender durch. Ihre Fingernägel sind in einem hellen Apricot lackiert, passend zu ihrem selbst gestrickten pastellfarbenen Pullover. «Ich kann glücklicherweise alle Farben tragen», meint die 95-Jährige und schmunzelt.
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Täglich notiert sie sich die wichtigsten Ereignisse in ihrer Agenda. Beim Durchstöbern der Einträge der letzten Monate entsteht ein Bild eines typischen Tagesablaufs: «Duschen, dann bügeln. Puzzeln vor und nach Spitex.» Oder: «Es ist kühl geworden, muss den Kaschmirschal anziehen zum Stricken.»
So zähmt sie die «launische Diva» von Volvo
Der Verein Young4Vintage will junge Menschen für altes Blech begeistern: Unsere Journalistin macht
den Selbstversuch.
Weissbärtige Männer verfolgen mit glänzenden Augen die Kulturgüter vergangener Jahrzehnte, die über den Parkplatz des Heimberg Center rollen. Verhalten nähere ich mich am Sonntagmorgen der schweizerischen Volvo-Messe.
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Um nicht aufzufallen, imitiere ich die versammelten Oldtimerfans: Ich drehe langsame Runden um die alten Gefährte und kneife meine Augen zusammen, während ich meine Nase an die Fensterscheiben drücke. So vermeide ich jegliche Interaktion, die mich augenblicklich als Auto-Banausin entlarven würde. Ich habe grössere Angst vor dem Fachjargon als vor der Fahrt, die mir bevorsteht.
«Ich gehe nicht batteln, um Blümchen zu pflücken und Leute zu umarmen»
Varisa Steiner ist die diesjährige Schweizer Meisterin im Breakdance. Wir haben die 22-Jährige in ihrer Heimat Thun getroffen, bevor sie zum Weltfinal nach Tokio reist.
Schwarzer Lidstrich, weite Hosen, dicke Silberringe an Fingern und Ohren: Varisa Steiner lächelt für keines der Fotos, stattdessen verschränkt sie ihre Arme oder macht Handzeichen, die vermutlich nur Mitglieder aus der Szene entziffern können. Die 22-jährige Breakdancerin präsentiert sich genauso «hässig» wie auf der Bühne. «Ich gehe nicht batteln, um Blümchen zu pflücken und Leute zu umarmen», sagt die gebürtige Thunerin im Gespräch.
Zeitlose Schmuckstücke eines aussterbenden Handwerks
Eine Sonderausstellung zu Damenaccessoires: Damit zeigt Therese Leutwyler im Flechtmuseum Thun, warum Geflochtenes im Trend liegt, während das Gewerbe ums Überleben kämpft.​
Es sei ein Privileg, in der heutigen Zeit noch mit den Händen arbeiten zu können, meint Therese Leutwyler. Sie ist Korbflechterin in der dritten Generation und hat schon als Kind in der Werkstatt ihres Grossvaters ausgeholfen.
Trotz der langen Arbeitstage und der Hornhaut an den Fingern ist die Thunerin nach wie vor begeistert von ihrem Beruf, den sie seit einem halben Jahrhundert im Bauernhaus ihrer Familie ausübt. «Mir hat nie etwas gefehlt. Wir hatten Sonnenlicht und eine sinnvolle Beschäftigung. Ich brauchte kein Hobby, um etwas zu kompensieren, was ich in der Arbeitswelt vermisst habe.»
Als Frau unter Bärtigen
Bärte, Bier und viel Brauchtum: Die Frackwoche der ZHAW-Absolventen gibt es bereits 100 Jahre. Zwei Absolventinnen erzählen, wie sie sich in dem männlichen Traditionsanlass bewegen.
Neben hochragenden Zylindern und stattlichen Festanzügen stechen in der Winterthurer Altstadt am 4. Juli vor allem zwei Dinge ins Auge: Bärte und Bier. Seit hundert Jahren lassen die Studenten der ZHAW School of Engineering als Abschlussritual hundert Tage lang die Gesichtshaare spriessen, um sich diese am Ende ihrer Ausbildung von Kommilitoninnen des Gesundheitsdepartements wieder abrasieren zu lassen.
«Mit dem Frackumzug endet die glorreiche Zeit der Bärtigen», schreiben die Organisatoren auf ihrer Website.
Die haarige Angelegenheit soll den Eintritt in die Erwachsenenwelt symbolisieren.
Eine moderne Form des Gebets?
Bittet, so wird euch gegeben. Dieses jahrtausendealte Prinzip aus der Bibel verbreitet sich neuerdings auch auf Social Media. Dort geht es aber nicht um den Glauben an Gott, sondern um Wünsche an das Universum. Mithilfe des Manifestierens will Eliane ihren Traummann gefunden haben.
Unsere Gedanken schaffen unsere Realität. Wer das glaubt, wird selig – im wahrsten Sinne des Wortes. Ob ein volles Portemonnaie, ein neues Auto oder ein harmonisches Familienleben, alles soll man sich direkt beim Universum bestellen können. Man braucht nur darum zu bitten.
Das Gesetz der Anziehung besagt: Gleiches zieht Gleiches an. Wenn wir also positiv denken, wird uns Positives widerfahren. So lautet das Versprechen von spirituellen Gurus und selbst ernannten Hohepriesterinnen, die auf TikTok Anleitungen zum korrekten Manifestieren geben.
«Ich habe so ein Bauchgefühl, dass es jetzt genug ist»
Jean-Pierre von Gunten war 27 Jahre lang Chefbadmeister des Strandbads Thun. Vor dem Saisonschluss am Sonntag blickt er zurück auf seine eindrücklichsten Momente.
«Sieht gut aus, Schämpu!», ruft eine Frau aus dem Becken, als Jean-Pierre von Gunten für die Fotos posiert. «Letzte Saison, deshalb», erklärt ihr der Chefbadmeister augenzwinkernd. «Geniess es – wir geniessen die letzten Tage mit dir auch noch», antwortet sie.
Seit 27 Jahren sieht Jean-Pierre von Gunten im Strandbad Thun nach dem Rechten. In dieser Zeit ist «Schämpu» für die Stammgäste zu einem «Thuner Original» geworden, mit einer grossen Portion Herz und Humor.
«Bitte abräumen!»: Eine Steffisburgerin betreut die «obersten» Zuschauenden
17 junge Hosts und Hostessen kümmern sich während des Swiss Open in Gstaad um die Spieler und Sponsoren. Ein Einblick in den Arbeitsalltag der Teamleiterin Annina Ulmann.
Während in Gstaad die Tennisstars Stan Wawrinka und Alexander Shevchenko den Ball übers Netz schlagen und ihnen die Fans in der Arena mit Bier in den Händen zujubeln, herrscht ein paar Etagen darüber eine ganz andere Atmosphäre. In den sogenannten Skyboxes servieren junge Frauen in kurzen Tennisröcken verschiedene Käsesorten auf edlen Schieferplatten und füllen die Weingläser der VIP-Gäste auf.